EntdeckungsreisenDavid Malouf erzählt aus dem australischen HinterlandIm australischen Hinterland, abseits der Zivilisation, haben berittene Hilfspolizisten eine Bande marodierender Rebellen nach und nach zur Strecke gebracht, übrig geblieben ist nur ein gewisser Daniel Carney, ein einfacher, aus Galway/Irland stammender Mann, den mehr Pech und Schicksal als Bosheit und Vorsatz in die Arme des Verbrechens getrieben haben. Carney soll am Curlow Creek gehängt werden, und damit der Vorgang einen offiziellen Anstrich bekommt, erhält Michael Adair als Gesandter des Gouverneurs den Auftrag, das Todesurteil zu vollstrecken. Adair, Maloufs Hauptfigur, hat sich für diesen Auftrag freiwillig gemeldet. Auch er stammt aus Irland, und er möchte von Carney etwas über den Verbleib seines Stiefbruders, des mutmaßlichen Anführers der Bande, erfahren. David Malouf schildert in seinem Roman eine einzige Nacht, die Nacht vor der Hinrichtung, in der sich die beiden ungleichen Männer näherkommen, indem sie sich ihre Geschichte erzählen, sich zuhören oder sich einfach nur den eigenen Erinnerungen überlassen. In dieser Nacht verschafft sich Adair Klarheit über sein Leben: Zwar erfährt er nichts definitiv Neues über seinen Stiefbruder Fergus und dessen Verbleib, aber er will nicht zulassen, daß Fergus weiterhin zwischen ihm und Virgilia steht, jener Frau, um die er, teils bewußt, teils unbewußt sein ganzes Leben lang geworben hat. Die Nacht am Curlow Creek hat ihn innerlich befreit: Er wird nach Irland zurückkehren, vor sie hintreten, "ein Ich, das in die Unterwelt gereist und zurückgekehrt ist, sich seiner selbst gewiß geworden und verändert [...]. Endlich gibt es nur noch sie und ihn." Maloufs Roman ist zugleich eine Entdeckungsreise ins Irland und Australien der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in die Ungewißheiten der alten und der neuen Welt, die sich im Rätsel der Person widerspiegeln. Lutz Hagestedt David Malouf: Die Nachtwache am Curlow Creek. |