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Poesie und Prosa

FRANK JAJUBZIK: Ein freundlicher Herr. Erzählung nach Objekten von Jan Geelhaar. Axel Dielmann Verlag, 1998. 24 Seiten, 14 Mark.

Der Herr ist freundlich und unauffällig – wäre da nicht sein merkwürdiger Umgang mit den Dingen. Eines Tages hat der Hausmeister, ohne daß er sich das erklären könnte oder müßte, seinem Besen alle Borsten ausgezupft. Da steht er, der Besen in seiner Kammer, ohne einen Hauch nur schließt der Hausmeister die Tür – und wendet sich anderen Dingen zu. So schmilzt er etwa einen leeren Sprudelkasten ein und verteilt die Plastikmasse gleichmäßig auf die Flaschenhälse. Als Faktotum einer Schule ("die Arbeit beschränkte sich zumeist auf den Verkauf von Süßigkeiten") baut er das Gestühl der Aula zu einem riesigen Lindwurm zusammen – und wird daraufhin prompt entlassen.

Der freundliche Herr hat – wie sein Autor – ein besonderes Verhältnis zu den Dingen. Er haucht ihnen Leben ein, führt sie neuen Funktionen zu, wird durch sie zum Künstler und Poeten. Frank Jakubzik (geb. 1965) hat zu Objekten von Jan Gelhaar (geb. 1961) einen wunderbaren Text geschrieben, einen Bogen von kaum 16 Seiten, voller kluger und feiner Beobachtungen. Ohne viel erklären müssen, macht er uns mit seiner Welt vertraut. Zwei Perspektiven genügen ihm, die des freundlichen Hausmeisters, und die eines nicht weniger freundlichen "Wir"- Erzähler, um seinen Leser quasi an die Hand zu nehmen, ihn freundlich aber bestimmt durch seine Welt zu führen, in der die Unterscheidung von Poesie und Prosa aufgehoben scheint.

LUTZ HAGESTEDT

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